Das Problematische an meinem Frauenbild war, dass mir lange nicht bewusst war, dass es problematisch war. In erster Linie war es von starker kognitiver Dissonanz geprägt. Ich war stetig damit beschäftigt, erlebte Unstimmigkeiten auszuhalten, oder so zu tun, als würde ich sie nicht bemerken. Als Mädchen im evangelikalen Umfeld begegnete mir eine ganze Palette an fragwürdigen Glaubenssätzen und Ansichten über die Rolle der Frau, Frausein im Allgemeinen und den Feminismus. Ein wildes Sammelsurium von aus dem Kontext gerissenen Bibelstellen diente so manchem Pastor als Grundlage für eine Predigt über die Unterordnung und Niedrigstellung der Frau. Mehr als einmal hörte ich auf Jugendveranstaltungen den Appell, mich als Mädchen/Frau in Stille und Zurückhaltung zu üben und mich bei Fragen vertrauensvoll an die Männer um mich herum zu wenden. Schon immer hatte ich ein großes Verlangen danach, es „richtig“ zu machen. In meinem Upbringing gab es klare Linien, schwarz und weiß, richtig und falsch. Es gab das eine (scheinbar ganz klar aus der Bibel herauszulesende) Bild der Frau nach Gottes Herzen, das es zu füllen und auf keinen Fall zu verfehlen galt. Es gab does und don’ts und davon nicht wenige. Immer wieder war von der Schöpfungsordnung die Rede, nach welcher die Frau ganz klar unter dem Manne stünde. Auch mein eigenes Bibelstudium führte mich zu dem Schluss, dass die Frau in Gottes Augen das schwächere Glied war – weniger belastbar, weniger fähig, - einfach generell weniger. Natürlich nicht weniger geliebt – wobei sich das beim Lesen doch oft so anfühlte. Frauen waren Menschen zweiter Klasse, Verführerinnen und irgendwie auch an allem schuld – denken wir an Eva und ihre Freundin die Schlange… - auch wenn das nur wenige so deutlich sagten.
Wenn ich die Bibelstellen las, in denen die Frau aufgefordert wurde, sich dem Manne unterzuordnen (und das als Vorrecht zu begreifen), hatte ich schon immer Mühe mit diesen Worten. Irgendetwas in mir rebellierte, was dazu führte, dass ich mich noch unzulänglicher und schuldig fühlte. Immer wieder hörte ich die These, dass sich christliche Frauen ihren Männern gerne unterordnen, da diese sie so lieben wie Christus die Gemeinde.
Aber sollte Liebe nicht bedingungslos sein? War sie das noch, wenn die Liebe von ihm zu ihrer Unterordnung führen musste? Vor lauter Dankbarkeit für diese Liebe? Hatte sie diese Liebe nicht einfach so verdient? Auf Augenhöhe? Gleichwürdig? Musste sie sich wirklich kleinmachen? Sollte gegenseitige Unterordnung eine Hierarchie nicht ausschließen? Was, wenn sie vom Naturell her eher dominant, laut, präsent war und eben kein Mäuschen? War sie dann aufgefordert ihr wahres Ich zu zähmen, sich zu verändern?
Musste ich mich verändern?
Stellte ich diese Fragen laut, erhielt ich durchaus Antworten.
Zum Beispiel, dass Unterordnung nicht kleinmachen hieße, sondern sich der von Gott gegebenen Rolle hinzugeben und darin aufzugehen. Den Mann als Leiter der Familie anzuerkennen sei Gott gewollt und deshalb erfüllend.
Mein großes Glück war, dass mein Partner und ich in stillem Einverständnis schon immer ein gleichwürdiges Modell lebten und es nur Unterordnung nannten. Ich kannte aber nicht wenige Ehen um mich herum, in denen das anders lief. In denen seine Meinung die wichtigste und damit die richtige war. In denen sie um Erlaubnis für Dinge fragen musste und dankbar für seine (in meinen Augen selbstverständliche) Unterstützung war – was mich nicht selten fassungslos zurückließ.
[Fortsetzung folgt.]